Dienstag, 11. April 2017

Initiative zum Erhalt des Ensembles des Heinrich-Plett-Hauses von Ernst May in Berlin-Kreuzberg

In der Fachwelt gibt es eine große Unterstützung für den Erhalt des Ensembles May/Rossow. Wir veröffentlichen hier den offenen Brief u. a. des Vorsitzenden  der Ernst-May-Gesellschaft, Herrn Herrel, des früheren Kultursenators Thomas Flierl und des Ernst-May-Experten Florian Seidel. 

Vorher hatte sich schon der an der Umsetzung des Rossow-Gartens beteiligte Planer, Herr Peter Kluska, geäußert. Stellungnahme von Peter Kluska





Initiative zum Erhalt des Ensembles des Heinrich-Plett-Hauses von Ernst May in Berlin-Kreuzberg



Sehr geehrte Frau Herrmann,
sehr geehrter Herr Schmidt,
sehr geehrte Bezirksverordnete,


mit großer Sorge stellen wir fest, dass das einzigartige Ensemble des Heinrich-Plett-Hauses in der Blücherstraße in Berlin-Kreuzberg in Gefahr ist, irreparablen Schaden zu nehmen. Das Ensemble aus den Jahren 1963-1966 ist ein Spätwerk des weltweit bekannten Architekten und Stadtplaners Ernst May (1886-1970) und des Landschaftsarchitekten Walter Rossow (1910-1992). Das Altenwohnheim wurde dem Land Berlin vom Wohnungsbaukonzern Neue Heimat aus Anlass der Fertigstellung der 200.000sten Wohnung zum Geschenk gemacht. Keine Geringeren als Bundespräsident und Regierender Bürgermeister machten dem Bau seinerzeit ihre Aufwartung und schenkten ihm Aufmerksamkeit. Es handelt sich sowohl in architekturgeschichtlicher, als auch in landschaftsarchitektonischer und gesellschaftsgeschichtlicher Hinsicht um ein denkwürdiges Bauwerk.


Leider hat es das Land Berlin beim Verkauf der Liegenschaft vor einigen Jahren versäumt, die Bedeutung des Ensembles aus Altenwohnheim und benachbartem Pflegeheim in angemessener Weise zu würdigen und konkrete Auflagen zum Umgang mit den Gebäuden und den umgebenden Freiflächen zu machen.


Dabei handelt es sich doch um ein herausragendes Zeugnis der Architektur der Nachkriegsmoderne, deren Bedeutung erst in den letzten Jahren ins Bewusstsein breiter Bevölkerungschichten dringt.
Die innige Verschränkung von Innen- und Außenraum und die in den Bauten deutlich zum Ausdruck kommende Idee der „Stadtlandschaft“, mit der seinerzeit der Gegensatz zwischen kompakter Stadt und Freiraum aufgelöst werden sollte, wurden in diesem Ensemble mustergültig ausgedrückt.

Glücklicherweise haben Bürger und Bürgerinnen aus der näheren Umgebung den Wert des Ensembles erkannt, nicht nur für das umgebende Quartier, für das natürlich der Verlust von Grünflächen mit wertvollem altem Baumbestand negative Auswirkungen hätte. Sie haben auch die kulturgeschichtliche Dimension erfasst und erkannt, dass mit einem unbedachten Eingriff in die bestehende Struktur eine besondere Qualität verloren gehen würde. Bisherige durchgeführte Beteiligungsverfahren und Informationsveranstaltungen haben es offensichtlich nicht vermocht, bei den Anwohnern und Anwohnerinnen den Eindruck zu vermeiden, dass übereilt Fakten geschaffen werden sollen.


Wir begrüßen das Engagement der Bürger und Bürgerinnen für dieses Stück Architekturgeschichte ausdrücklich und plädieren nachdrücklich für ein Vermittlungsverfahren zwischen den Interessen der Eigentümer, des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg und seiner Bürger und Bürgerinnen, sowie für ein qualitätssicherndes Verfahren für Städtebau, Architektur und Freiraum. Gerne stehen wir Ihnen dabei beratend zur Seite. Es gilt eine Blamage für den Bezirk und das Land Berlin und einen
ungelösten Konflikt mit ungewissem Ausgang abzuwenden. Dem gegenüber steht die Chance auf einen innovativen und kreativen Umgang mit einem besonderen Ensemble, das zu einem wahren Schmuckstück für den Bezirk werden kann, und das weit über Friedrichshain-Kreuzberg hinaus Wirkungskraft entfalten kann.



Dr. Eckhard Herrel, Vorsitzender der Ernst-May-Gesellschaft
Thomas Flierl, Berliner Kultursenator a.D., Wiss. Beirat der Ernst-May-Gesellschaft
Dr.-Ing. Florian Seidel, Architekt
Prof. Dr. Kerstin Wittmann-Englert, Technische Universität Berlin, Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik
Prof. i. R. Dr. Adrian von Buttlar, Wiss. Beirat der Wüstenrot Stiftung /Denkmalprogramm
Prof. Dr. phil. Karin Wilhelm, Universität Braunschweig
Prof. Dr. Wolfgang Tegethoff, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München
Dr. Rudolf Fischer, Ko-Leiter des Kunstarchivs der Avantgarden, Dresden
Andreas Becher, Dipl.-Ing. Architekt, Vorsitzender BDA Berlin
Christine Edmaier, Dipl-Ing. Architektin, Präsidentin Architektenkammer Berlin









Foto: Dagmar Ruth 

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